Das Naturschutzgebiet Kieshofer Moor (bei Wackerow nördlich von Greifswald) sollte von 26 auf 80 Hektar erweitert werden. Darauf verzichtet Minister Till Backhaus jetzt, nach jahrelangen Protesten der Anwohner. Ihre Probleme schildern sie in einem Bericht des NDR vom 16. August 2012: „Lösung im Streit um Kieshofer Moor.
Seit Jahren wurden weiträumig (56 ha) Grundstücke vernässt – ohne Einverständnis oder Entschädigung der Besitzer und Nutzer mittels eines illegal eingebauten Stauwerks: Gärten, Strassen und Äcker und auch das Sägewerk standen immer wieder unter Wasser. Der angrenzende Wald starb ab, der Seeadler verliess darauf seinen Horst. Äusserst schlimm plagten Gnitzen die Einwohner.
Das steigende Grundwasser verursachte Risse in den Häusern und setzte Kleinkläranlagen ausser Betrieb. Denn eine Mergelschicht behindert in der Gegend das Versickern, deshalb ist eine funktionierende Entwässerung entscheidend.
Doch 1994 war in einen Abflussgraben ein Stauwerk gebaut worden – mit Zustimmung der Kreisverwaltung aber ohne den vorgeschriebene Verfahrensweg. Seit Jahren fordern die Bürger von Kieshof seinen Abbau – vergeblich.
Per Anordnungsbeschluss des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) sollte 2011 mittels Bodenordnungsverfahren „auch eine Moorschutzmaßnahme des Landes (Kieshofer Moor) unterstützt werden“ und zwar so, „dass geeignete Austauschflächen zur Verfügung gestellt werden“. Das weckte den Argwohn der Bürger; es bedeute “die Festschreibung der in den letzten Jahren eingetretenen Ausweitung des Moorgebiets. Statt auf Austauschflächen für ihre wasserdurchtränkten Grundstücke drängen sie auf eine Normalisierung der Verhältnisse“, schreibt die Ostsee Zeitung am 27.5.2011
Die Landgesellschaft MV hatte das Kieshofer Moor als Projekt zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung von Gewässern und Feuchtlebensräumen betreut und wohl auf weitere EU-Fördergelder gehofft.
Harald Stegemann, Direktor des LUNG (Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie von MV) begründet in einer Pressemitteilung den Abbruch des Projektes u.a. damit, dass Moorschutzprojekte nur im Konsens mit allen Betroffenen umgesetzt würden.
Bürgermeister Hering: „Das Aus des Verfahrens ist ein kleiner Erfolg, nicht die Lösung des Problems,“ schreibt die Ostseezeitung vom 14./15.April 2012. Schliesslich hat damit noch kein Rückbau begonnen.
Im Detail
Offener Brief an das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umweltschutz (Stalu), die Untere Wasserbehörde des Kreises Ostvorpommern, den Wasser- und Bodenverband „Ryck-Ziese“, die Gemeindevertretung Wackerow
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Ergebnis der Einwohnerversammlung vom 29.01.2011 in Groß Kieshof verfassen wir, die Bürger der Ortslagen Groß und Klein Kieshof aus der Gemeinde Wackerow, folgenden offenen Brief:
Groß Kieshof liegt in unmittelbarer Nähe des NSG Kieshofer Moor und Klein Kieshof am Kleinen Kieshofer Moor. Die Einwohner respektieren das Moor und freuen sich über seine Pflanzen- und Tierwelt. Deshalb möchten wir explizit darauf hinweisen, dass es nicht unser Anliegen ist, das NSG in seiner dokumentierten Ausdehnung von 26,7 ha zu bekämpfen. Doch sind wir nicht mehr gewillt, die Belastungen und Schäden an unserem Eigentum hinzunehmen, die nachweislich durch die illegale Anstauung und Gebietserweiterung des Kieshofer Moores verursacht werden. Wir leiden unter einer Einschränkung der Lebensqualität, sorgen uns um die Gesundheit und das Wohl unserer Kinder und fürchten den Verlust der von uns geschaffenen Werte.
Einige dieser Belastungen, die aus der Vernässung des Gebietes und dem fortschreitenden Anstieg des Grundwasserspiegels resultieren, möchten wir hier weiter ausführen:
– Die Keller mehrerer Häuser sind ganzjährig nass und demzufolge unbrauchbar. Die Nutzfläche und der Wert dieser Häuser sind damit erheblich gemindert, zusätzliche Kosten fallen durch ständiges Pumpen an.
Das Sägewerk in Klein Kieshof steht zeitweise komplett mehrere Zentimeter unter Wasser und kann dann nicht betrieben werden. Seine Existenz und die der Mitarbeiter/Betreiber ist akut gefährdet.
– Rund um die Wanderreitstation stehen Teile des Grundstücks fast ständig unter Wasser, sodass diese kaum noch genutzt werden können.
– Da in Groß Kieshof keine zentrale Abwasserentsorgung anliegt, haben die Anwohner Kleinkläranlagen. Die alten Kläranlagen wurden in den letzten Jahren durch Biokläranlagen ersetzt. Die Bürger haben erhebliche Mittel investiert. Die vorgeschriebene Verrieselung des geklärten Abwassers funktioniert jedoch durch den erhöhten Grundwasserspiegel schon jetzt bei ungünstigen Wetterlagen nicht mehr. Sollte das Grundwasser bei fortschreitender Moorvernässung auch in der Ortslage weiter ansteigen, wären die Anlagen unbrauchbar und die Abwasserentsorgung ungewiss.
– Die angrenzenden Wiesen sind ebenfalls so nass, dass eine Bewirtschaftung nicht mehr möglich ist.
– Die Kreisstraße K5, die durch Groß Kieshof und weiter bis nach Steffenshagen führt, leidet massiv unter den hohen Wasserständen und ist im Bereich Klein Kieshof/Bahndamm nach starken Regenfällen/Schneeschmelzen für PKWs nicht passierbar.
– Die vom STAUN/STALU bewusst in Kauf genommene Überwässerung des südlichen Waldbereiches führte besonders in den letzten 5-7 Jahren zu einer massenhaften Vermehrung von Gnitzen (Kriebelmücken) in den nicht mehr geräumten Gräben und neu entstandenen Sumpfbereichen. In den Sommermonaten ist es in Groß und Klein Kieshof zu einer Invasion durch Ungeziefer wie Mücken und Gnitzen gekommen. Diese befallen uns bereits am frühen Nachmittag bis in die Abendstunden hinein. Dies empfinden wir als eine massive Einschränkung unserer Lebensqualität, da wir uns in dieser Zeit so gut wie gar nicht im Freien aufhalten können. Auch sorgen wir uns über die möglichen gesundheitlichen Folgen (allergische Reaktionen auf die Stiche, Quaddelbildung) und die Übertragung von Krankheiten durch das Ungeziefer.
Diese Beobachtungen werden durch folgende Aussagen/Veröffentlichungen/Gutachten unterstützt:
– Bericht des Gebietsbetreuers des Kieshofer Moores, Herrn Starke, aus dem Jahr 1994
– Diplomarbeit (Jeschke/Succow) 2003
– Aussage Uniforst, Herr von Diest, zur Waldumwandlung, Protokoll aus 2009 Bodenprofil Gutachten der Gemarkung Kieshof aus 2010 (Auftraggeber: Privat)
– Hydrologisches Gutachten der Ortslage und Flächen Kieshof aus 2011 (Auftraggeber: Privat)
– Aussage WBV „Ryck-Ziese“ Herr Berster auf der Einwohnerversammlung 25.01.11
– Aussage StALU Herr Wedewardt, OZ 28.01.11
Wir sind es leid, als Versuchsobjekt missbraucht zu werden und fordern unsere rechtsstaatlichen Rechte zu unserem Schutz ein.
Hiermit fordern wir:
1. als Sofortmaßnahme: Ziehen der Staubohlen des illegalen Stauwerks im Graben 10 innerhalb einer Frist von 10 Tagen (18.02.2011)
2. Umsetzen des Staubauwerks in die Mündung des Hauptgrabens zum Graben 10 bis zum 25.03.2011
3. Säuberung des Grabens 10 und Wiederherstellung des Ringgrabens bis zur Ortslage Groß Kieshof unter der Regie des WBV „Ryck-Ziese“ (Realisierung entsprechend dem ablaufenden Wasserstand im Wiesenbereich bis Ende 2011)
4. Das von der Landgesellschaft MV mbH geplante Projekt „Optimierung der hydrologischen Situation im Kieshofer Moor“ soll ausschließlich die Erhaltung des Moores in seiner offiziell anerkannten Fläche von 26,7 ha zum Ziel haben. Die Vernässung der Ortslage Groß Kieshof soll ausgeschlossen werden. Die bereits außerhalb des Kieshofer Moores eingetretene Vernässung muss rückgängig gemacht werden.
5. Die von der Landgesellschaft beantragten Mittel sollen auch dem WBV und den Geschädigten zur Verfügung gestellt werden.
– Mittelfestsetzung zur Instandsetzung und Instandhaltung des Grabens 10, des Ringgrabens im Moor und des Grabensystems im Umfeld des Moores.
– Finanzielle Hilfen zur Trockenlegung von Kellern und Grundstücksteilen
6. Die Durchführung der geforderten Maßnahmen soll durch die Gemeinde Wackerow bzw. das Amt Landhagen und durch die Landgesellschaft MV mbH abgesichert und dokumentiert werden. Die Bürger der Ortslage wollen über die eingeleiteten Maßnahmen, sowie über die Ergebnisse der hydrologischen Untersuchung in geeigneter Form unterrichtet werden.